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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2006
Aktenzeichen: 9 Ta 25/06
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 269
ArbGG § 55
Entsteht Streit darüber, ob die Klage zurückgenommen worden ist, ist der Rechtsstreit durch mündliche Verhandlung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter fortzusetzen und die Wirksamkeit der Klagerücknahme durch Feststellungsurteil auszusprechen.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Drittwiderklägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hanau vom 22. Dezember 2005 - 2 Ca 778/04 - aufgehoben.

Die Fortführung des Verfahrens - auch die Entscheidung über die Kosten der Beschwerde - wird dem Arbeitsgericht übertragen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darum, ob der Rechtsstreit durch Klagerücknahme teilweise erledigt ist.

Die Klägerin hat den Beklagten mit ihrer am 24. Dez. 2004 eingereichten Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Drittwiderklägerin hat gegen die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. März 2005 Stufenklage auf Auskunft und Zahlung erhoben. Das Arbeitsgericht wies am 16. März 2005 auf prozessuale Bedenken gegen die Zulässigkeit der Drittwiderklage hin. In der streitigen Verhandlung vom 28. April 2005 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Drittwiderklägerin, er stelle ausdrücklich die Anträge aus seinem Schriftsatz vom 14. März 2005 in diesem Verfahren nicht. Diese Erklärung wurde ausweislich des insoweit berichtigten Sitzungsprotokolls vorgelesen und genehmigt. Im Protokoll heißt es bei der Darstellung der Prozessrolle: "ehemalige Drittwiderklägerin". Die Klage wies das Arbeitsgericht ab und legte die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auf. Den Wert des Streitgegenstandes setzte es auf den Klagewert fest.

Nach Rücknahme der von der Klägerin zunächst eingelegten Berufung erklärte die Drittwiderklägerin mit Schriftsatz vom 30. Aug. 2005, dass sie das Verfahren, das sie zwischenzeitlich für zulässig halte, wieder aufrufe. Das Arbeitsgericht teilte mit, es dürfte von einer konkludenten Klagerücknahme auszugehen sein.

Die Drittwiderklägerin hat vorgetragen, das Gericht habe wohl lediglich übersehen, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Es habe zu keinem Zeitpunkt der Wille bestanden, die Klage zurückzunehmen.

Das Arbeitsgericht Hanau hat durch Beschluss vom 22. Dez. 2005 den Antrag, dem Verfahren Fortgang zu geben, zurückgewiesen, da die Drittwiderklage zurückgenommen worden und mithin nicht mehr anhängig sei.

Gegen diesen ihr am 14. Jan. 2006 zugestellten Beschluss hat die Drittwiderklägerin am 16. Jan. 2006 per Telefax sofortige Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Sie ist der Auffassung, das Sitzungsprotokoll enthalte keine Klagerücknahme. Das Verfahren hinsichtlich der Drittwiderklägerin habe lediglich abgetrennt und unter gesondertem Aktenzeichen fortgeführt werden sollen. Dem bitte sie nachzukommen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 6. Febr. 2006 nicht abgeholfen, weil ein Antrag auf Abtrennung der Drittwiderklage in der unterlassenen Antragstellung nicht zu sehen sei.

II.

Die Beschwerde ist statthaft und zulässig, da das Arbeitsgericht den Antrag der Drittwiderklägerin, das Verfahren fortzuführen, zurückgewiesen hat. Die Drittwiderklägerin wendet sich gegen die Weigerung des Arbeitsgerichts, das Verfahren fortzuführen. Die Ablehnung erfolgte durch förmlichen Beschluss. Hiergegen ist analog §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die sofortige Beschwerde gegeben (ebenso LAG Saarland Beschl. vom 9. Juni 2000 - 2 Ta 2/2000 - NZA-RR 2000, 546; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 216 Rz. 12), die die Drittwiderklägerin form- und fristgerecht erhoben hat.

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist aufzuheben und die Fortführung des Verfahrens gemäß § 573 Abs. 3 ZPO dem Arbeitsgericht zu übertragen.

Besteht Streit über das Vorliegen einer Klagerücknahme und deren Wirksamkeit, ist der Rechtsstreit durch mündliche Verhandlung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter fortzusetzen und die Wirksamkeit der Klagerücknahme durch Feststellungsurteil auszusprechen (so unter ausführlicher Darstellung des Streitstandes Nungeßer, AR-Blattei 145, Aktualisierung Okt. 2005 Arbeitsgerichtsbarkeit IX Beendigung ohne Urteil 160.9 und entsprechender Sonderdruck, ErfK-Koch § 54 ArbGG Rz. 8; GMPM-Germelmann, ArbGG 5. Aufl. § 55 Rz. 6; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, § 269 Rz. 31; Zöller-Greger, ZPO § 269 Rz. 19 b). Die Gegenansicht (etwa Thomas-Putzo, ZPO, § 269 Rz. 23), wonach durch Beschluss gemäß § 269 Abs. 4 ZPO zu entscheiden sei, ist abzulehnen, da nach dieser Vorschrift nur über die nach Abs. 3 eintretenden Wirkungen zu entscheiden ist, nicht darüber, ob diese Wirkungen eintreten (ebenso mit weiteren Argumenten Nungeßer a.a.O. Rz. 79 ff.). Zuständig für die Entscheidung durch Urteil ist die Kammer, weil § 55 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG die Wirksamkeit der Klagerücknahme bereits voraussetzt. Die Frage der wirksamen Klagerücknahme war auch nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung und des Urteils vom 28. April 2005 und konnte dies auch nicht sein, da der Streit um das Vorliegen der Klagerücknahme erst in der Folge entstanden ist.

Eine Kostenentscheidung ist vom Beschwerdegericht nicht zu treffen, da in der Sache weder eine Erfolglosigkeit noch ein Obsiegen vorliegt (vgl. Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, § 97 Rz. 33). Über die Kosten der Beschwerde wird das Arbeitsgericht zu befinden haben.

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt, §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG, weil Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht ersichtlich sind.

Ende der Entscheidung

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